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Donnerstag, 18. Juni 2009

Bericht im Wiesbadener Kurier zur schulischen Gesundheitsförderung

Fit mit Federball, Banane und Einrad
17.06.2009 - WIESBADEN

Von Julia Kilian
LANDESPROJEKT Hessen vergibt Gesundheitszertifikate an Schulen/Ein Prozent der Schulen in Wiesbaden und Rheingau-Taunus-Kreis sind dabei
Immer mehr Schulen in Hessen wollen die Gesundheit ihrer Schülerinnen und Schüler fördern. Das Land vergibt hierfür seit 2005 Zertifikate an besonders engagierte Grund- und weiterführende Schulen. Auch in Wiesbaden und Umgebung sind viele nach Angaben des Hessischen Kultusministeriums auf dem Weg zur "gesunden Schule".
"Wir müssen dafür sorgen, dass den Kindern Bewegung Spaß macht", sagt Martin Dürr, Physik- und Sportlehrer am Gymnasium am Mosbacher Berg. Seit Jahren engagiert er sich für mehr Bewegung an der Schule. Für die dritte Sportstunde, besondere Stühle und das Pausenangebot hat die Schule ein Teilzertifikat "Bewegung" erhalten.
Und das Spielen in der Pause begeistert die Schülerinnen und Schüler: In den 15 Minuten fahren sie Einrad oder Waveboard, spielen Fußball in der Halle oder lassen Teller auf Stöcken kreisen. Auch Gummi-Twist und Federball seien bei den Mädchen noch beliebt, sagen Sophia (10) und Lea (11). Kaum hat es geschellt, sind beide ratzfatz in die Halle gestürmt und haben sich auf die Einräder geschwungen. "Wir gehen jede Pause hierher, weil es uns Spaß macht", so Sophia. Beide können sich - sagen sie - im folgenden Matheunterricht besser konzentrieren. Auch Oriol (12) findet, er sei nach seiner kurzen Fahrt auf dem "X-Slider" weniger hibbelig im Unterricht.
"Inzwischen weiß man mehr, was Lernen und Bewegung miteinander zu tun haben", so Dürr. An der Schule können sich die Kinder die Fahrgeräte für den Nachmittag ausleihen, viele sind begeistert von den neuen Erfahrungen und Kenntnissen. Und seitdem es mehr Bewegung an der Schule gebe, sei die Zahl der Unfälle trotz Einräder und Co. zurückgegangen, sagt Dürr. Aber "ob ich da jetzt eine Urkunde hängen habe oder nicht", wichtig sei, den Kinder etwas Gutes zu tun.
Ab vier Teilzertifikaten können Schulen das Gesamtzertifikat beantragen. Ein solches trägt die Friedrich-von-Schiller-Grundschule. Lehrer und Schüler sollen sich wohlfühlen, sagt Schulleiterin Ursula Hubl-Stück: "Und wenn ich mich wohlfühle, bringe ich gute Ergebnisse."
Neben Bewegung legt die Schule Wert auf Ernährung, Lehrergesundheit und Gewaltprävention. Dank Bewegungspausen im Unterricht müssten die Kinder nicht mehr zwei Stunden sitzen. Seitdem blieben starke Aggressionen aus, so Hubl-Stück.
Bislang hat ein Prozent der Schulen in Wiesbaden und dem Rheingau-Taunus-Kreis ein Gesamtzertifikat. Mit Hilfe der Zertifizierung soll Transparenz in die Gesundheitserziehung einziehen und das Bewusstsein für Gesundheitsförderung geschärft werden, so eine Broschüre des Kultusministeriums.
Auf die Urkunde wartet auch die Geschwister-Scholl-Grundschule. "Wir spüren eine Verantwortung gegenüber unseren Schülern", sagt Schulleiter Friedhelm Canisius. In den vergangenen Jahren sei vermehrt ein Bewusstsein entstanden, dass Gesundheitsförderung auch eine schulische Aufgabe sei. An seiner Schule werden Äpfel, Birnen und auch die traditionelle Schulmilch kostenlos verteilt. Die typischen Schlüsselkinder, die sich am Kiosk eine Tüte Chips kauften, gebe es heute in Grundschulen fast nicht mehr, so Canisius. Auch das "unsägliche Eltern-Taxi" will er reduzieren: Verkehrsschulungen und ein Schulhofparcours zum Üben sollen Spaß am Radfahren wecken.
"Ich halte das für eine unglaublich wichtige Sache", sagt Wiesbadens Schul- und Gesundheitsdezernentin Rose-Lore Scholz. Viele Menschen hätten heute ein größeres Gesundheitsbewusstsein als noch vor zehn Jahren, aber große Schwierigkeiten, dies in die Praxis umzusetzen. Kinder griffen eher zu Cola statt Wasser: "Solche Schwächen des Körpers sind verständlich, aber alles was zur Regel wird, ist problematisch."
Eine gesundheitsfördernde Schule garantiert nicht gesunde Schüler. Dennoch - immer mehr Schulen seien auf dem Weg, gesunde Schulen zu werden, meldet das Kultusministerium, auch ohne Zertifikat.

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